Eine Studie darüber, wie viele Menschen sich in Österreich und einigen Nachbarländern nach einem "starken Mann" bzw. autoritärer Führung sehnen; ein Einladungsprogramm für vertriebene jüdische Bürgerinnen und Bürger; Hinweis- bzw. Gedenktafeln für die Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz, die am Wiener Zentralfriedhof in einem Massengrab liegen. Das sind drei von mehr als 1.300 Projekten, die bis Ende des vergangenen Jahres vom Zukunftsfonds der Republik Österreich gefördert wurden.
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Der Band "Zukunftsfond der Republik Österreich. Entstehung, Entwicklung und Bedeutung" wird heute Abend an der Diplomatischen Akademie in Wien vorgstellt

Zukunftsfonds
Verfasst haben ihn der Historiker Günter Bischof vom Austrian Marshall Plan Center for European Studies an der Universität von New Orelans und die Historikerinnen Barbara Stelzl-Marx und Alexandra Kofler vom LBI für Kriegsfolgenforschung.
Ö1 Sendungshinweis:
Darüber berichtet auch das Mittagsjournal am 24.November um 12:00.
"Zahl der Anträge stark gestiegen"
Im ersten Jahr der Födertätigkeit wurden beim Zukunftsfonds 129 Projektanträge eingereicht. "Nun stehen wir bei mehr als 300 pro Jahr", sagt der Generalsekretär Herwig Hösele, der seit 2011 für den Fonds tätig ist.
"Der Anstieg hängt natürlich leider auch damit zusammen, dass in vielen Bereichen die öffentlichen Mittel immer knapper werden. Vor allem für die Geisteswissenschaften." Ein Beispiel dafür ist das Wissenschaftsministerium, das im Jahr 2011 Druckkostenzuschüsse für wissenschaftliche Publikationen eingespart hat.
"Bedeutsam für außeruniversitäre Forschung"
Besonders ernst ist die Lage für außeruniversitär Forschende bzw. freie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in Österreich generell immer schwerer an Förderungen gelangen. "Sie profitieren wesentlich vom Zukunftsfonds", schildert Barbara Stelzl-Marx vom nicht-universitären Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung. Die Zeithistorikerin ist Co-Autorin des soeben im Böhlau Verlag erschienenen Bandes "Zukunftsfonds der Republik Österreich. Entstehung, Entwicklung und Bedeutung."
"Bei uns am Institut gab es etwa Projekte über die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Dritten Reich oder über deren Repatriierung in die Sowjetunion. Ich habe selbst ein Forschungsprojekt über die Besatzungskinder geleitet, das heuer in Buchform erschienen ist. Das heißt, der Fonds fördert wesentliche Themen, die ansonsten wohl eine Forschungslücke geblieben wären."

Barbara Stelzl-Marx
An außeruniversitär Forschende wurden vom Zukunftsfonds bisher mehr als vier Millionen Euro ausgeschüttet. Sie teilen sich damit mit zahlreichen regionalen Vereinen, deren erinnerungskulturelle Projekte gefördert wurden, de facto Platz 1 im Fördersummen-Ranking. Gefolgt von universitärer Forschung und Projekten von Einzelpersonen. Darunter fällt etwa das Erstellen von Unterrichtsmaterialen zur NS-Zeit für gehörlose Jugendliche oder eine Ausstellung im österreichischen Parlament über Kärntner Partisaninnen und Partisanen.
Förderungen 2006 bis 2014
Zukunft mit Fragezeichen
Der Österreichische Zukunftsfonds, ursprünglich ausgestattet mit 20 Millionen Euro, ist ein sich verzehrender Fonds. "Nach aktuellem Stand können wir noch 2016 und 2017 Projekte fördern. Alles weitere ist eine Frage des politischen Willens", sagt Generalsekretär Herwig Hösele: "Es wäre wohl im Interesse der Republik, wenn es so eine Förderschiene weiter gäbe. Das kann, das muss aber nicht der Zukunftsfonds sein."
Fest steht jedenfalls: Anders als in den ersten Jahren seines Bestehens, gibt es aktuell kaum noch intensive politische Debatten über die Arbeit des Zukunftsfonds und die Besetzung seiner Gremien. Die Debatte über Erinnerungspolitik und finanzielle Mittel, die dafür aufgewendet werden, prägt derzeit vor allem das Haus der Geschichte Österreich, für das sich der Historiker Oliver Rathkolb vehement einsetzt.
Grafik: Alexandra Siebenhofer, Ö1 Online
Text: Tanja Malle, Ö1 Wissenschaft
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