Die Küste der Niederlande ist dicht besiedelt. Im Ballungsraum Randstad, also im Gebiet zwischen Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht lebt fast die Hälfte der Bevölkerung. Der Raum ist auch das wirtschaftliche Zentrum des Landes.
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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 22.01. um 13:55.
"Uns ist klar: Wenn etwas schief geht, dann geht alles schief", sagt Koos Wieriks, strategischer Berater des niederländischen Ministeriums für Infrastruktur und Umwelt. Im Rahmen der "Understanding Risk Austria"-Konferenz in Wien berichtete er gestern über das Wassermanagement der Niederlande.
Sand im Motor der Natur

AFP PHOTO / ANP / BAS CZERWINSKI
Insgesamt liegt mehr als die Hälfte des Landes ungefähr auf Höhe des Meeresspiegels oder darunter. Ein dichtes Netz von Sperrwerken und Deichen schützt das Land vor dem Wasser.
Doch in den kommenden Jahren soll die Nordsee auf Grund des Klimawandels zwischen einem halben und eineinhalb Meter ansteigen. Einen natürlichen Schutzwall bildet die 200 Kilometer lange Dünenküste. Um diesen natürlich Wall zu unterstützen, wird dort regelmäßig Sand aufgeschüttet. Das aktuelle Küstenschutzprojekt heißt "Sandmotor", erzählt Koos Wieriks.

ORF, Juliane Nagiller
Koos Wieriks twittert unter "waterdutchman"
Dabei wurde eine künstliche Sandbank vor der eigentlichen Uferlinie in Südholland aufgeschüttet. Sie umfasst eine Fläche von 128 ha, das entspricht der Größe von nahezu 180 Fußballfeldern. Die Westwinde und die dort herrschende Westströmung sollen den Sand verteilen und die durch Hochwasser entstandenen Sandverluste ausgleichen.
Ein Plan für die Deltaregion
"Wir haben immer gegen das Wasser gekämpft, aber heute haben wir gelernt ,mit dem Wasser zu leben“, so fasst Wierik die neue Strategie zusammen. Die Niederlande denken ganzheitlich und langfristig. Das nationale Deltaprogramm will die Zukunft des Landes bis 2100 garantieren.
Dabei werden alle Ebenen eingebunden: Gesetzgebung, Finanzierung, Planung und Implementierung. Neben dem Schutz der Strände, werden auch Deiche verstärkt. Da das alleine nicht immer ausreicht, wird auch dem Wasser an manchen Stellen wieder mehr Platz eingeräumt. Landwirtschaftliche Betriebe nahe am Flussufer wurden umgesiedelt. Der Staat unterstützt diese Maßnahmen mit Subventionen.
Nicht nur das Risiko wird sorgfältig abgewogen, sondern auch die möglichen Kosten im Schadensfall. "Eine landwirtschaftliche Nutzfläche muss anders geschützt werden als der Hafen von Rotterdam", so Koos Wierik. Hurrikan Katerina habe 2005 die Niederländer aufgeweckt. Neben der Prävention, bereite man sich jetzt auch verstärkt für den Katastrophenfall vor, indem Evakuationsszenarien durchgespielt werden.
Wirtschaftsmotor Klimawandel
Die Situation mit denen die Niederlande konfrontiert sind, betrifft auch andere Staaten. Im Rahmen der Delta-Koalition tauscht man sich nun mit Staaten wie Japan, Kolumbien, Ägypten oder den USA aus. Es werden Kenntnisse weitergegeben und weiterverkauft. In der niederländischen Stadt Maasbommel hat man bereits schwimmende Häuser gebaut, sogenannte Amphibienhäuser. Die Gebäude stehen auf Stelzen: Kommt das Wasser, dann steigt das Haus an Teleskopstangen nach oben. Auch im Osten von Amsterdam gibt es bereits schwimmende Wasserviertel.
Das Know-How der Niederländer ist gefragt. Städte wie New York oder New Orleans arbeiten mit niederländischen Wasserbauingenieuren zusammen. Insgesamt sind 2.500 niederländische Unternehmen im Bereich "Schutz vor Wasser" tätig.
Juliane Nagiller, Ö1 Wissenschaft
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