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CSIRO Parkes Observatory vor dem Sternenhimmel

Die Aliens sind alle tot

Jahrzehntelang schon suchen Forscher nach Spuren von außerirdischem Leben - bisher vergeblich. Zwei australische Astrobiologen bieten nun eine erstaunlich einfache Erklärung dafür an: Die Aliens, so ihre Hypothese, sind ausgestorben.

No Contact 25.01.2016

Es gibt wohl kaum eine Wissenschaftsdisziplin, deren Forschungspragramm sich in nur einem Satz darstellen lässt, noch dazu in einem, der nur aus drei Worten besteht. "Wo sind sie?" - das ist die Grundfrage, die Astrobiologen antreibt.

Der Satz ist eigentlich ein Zitat und stammt von Enrico Fermi. Der italienische Quantenphysiker beschäftigte sich in den 50er Jahren mit der Frage, ob es da draußen im All Leben gibt oder geben könnte.

Verloren im Raum

Viele Argumente sprechen dafür, die Zahl der Sonnensysteme und potenziell bewohnbaren Planeten ist selbst bei konservativer Rechnung so hoch, dass irgendwo Lebensformen entstanden sein müssten - darunter wohl auch ein paar, die eine Art von Zivilisation entwickelt haben. Doch wenn das so ist, so Fermi, warum haben wir noch nie etwas von ihnen gehört oder gesehen?

Ö1 Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 25. Jänner 2016., 13:55 Uhr.

Galaxien, aus der perspektive von Hubble

NASA, ESA, G. Illingworth, D. Magee, and P. Oesch (University of California, Santa Cruz), R. Bouwens (Leiden University), HUDF09 Team

Ist da jemand?

Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten, Fermis Paradox aufzulösen. Die eine lautet: Es gibt sie sehr wohl, die außerirdischen Intelligenzen. Aber die Distanzen zwischen belebten Planeten sind so enorm, dass wir niemals mit ihnen in Kontakt kommen werden. Demnach ist der Mensch schlicht verloren in der Unermesslichkeit des Raumes.

Oder, wie es einst der französische Biochemiker Jaques Monod ausgedrückt hat, er ist "ein einsamer Zigeuner am Rande des Universums, das für seine Musik taub ist und gleichgültig gegen seine Hoffnungen, Leiden oder Verbrechen."

Zufall Erde

Etwas weniger existenzialistisch liest sich Antwort Nummer zwei. Sie lautet: In der Ursachenkette vom Molekül zum intelligentem Leben gibt es irgendwo ein Nadelöhr. Für unsere Existenz waren viele Voraussetzungen notwendig - mindestens eine von ihnen muss extrem unwahrscheinlich sein.

Unwahrscheinlich könnten viele Faktoren sein. Der amerikanische Geologe Peter Ward geht etwa davon aus, dass die Erde selbst das Nadelöhr ist.

Die Lage der Sonne in der Galaxis, die Stellung der Erde im Sonnensystem, die stabilisierende Wirkung des Mondes auf die Erdachse, die chemische Zusammensetzung der Erdkruste und der Ozeane - all das könnte laut Ward ganz anders sein. Und wäre nur einer diese Faktoren anders, wäre unser Planet nicht wiederzuerkennen und wohl auch nicht auf Dauer bewohnbar. Sofern Wards Standpunkt der richtige ist, leben wir auf einem einzigartigen Planeten und sind uns dessen gar nicht bewusst.

Fatale Entwicklung auf Venus und Mars

Es gibt freilich Alternativen zur "Rare-Earth-Hypothese". Eine haben kürzlich die beiden Astrobiologen Aditya Chopra und Charles Lineweaver vorgestellt. Ihr Argument in einem Satz: Leben im Universum ist wahrscheinlich, aber das Überleben ist es nicht.

Astrobiologe Aditya Chopra

Stuart Hay, ANU

Aditya Chopra, Australian National University

"Bis vor kurzem war ich noch der Meinung, dass es draußen jede Menge Lebensformen geben muss. Denn in den letzten Jahren wurden so viele bewohnbare Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gefunden, dass man behaupten könnte: Ein Universum ohne Leben wäre eine Verschwendung des Raumes", sagt Chopra im Gespräch mit science.ORF.at. "Seit unserer letzten Arbeit habe ich allerdings meine Meinung geändert."

Wie Chopra und Lineweaver im Fachblatt "Astrobiology" schreiben, sei es durchaus denkbar, dass etwa Venus und Mars dereinst von einfachen Lebensformen bevölkert wurden. Nur haben sich die beiden Planeten relativ rasch zu lebensfeindlichen Welten verwandelt.

Die Venus wurde zu einem planetaren Schnellkochtopf mit Temperaturen jenseits der 400 Grad Celsius - und Mars wurde zu einem eiskalten Himmelskörper, auf dem es kaum Wasser gibt. Dieses Schicksal stehe auch anderen Planeten bevor, denn das Klima gerate schnell außer Kontrolle.

Leben als Klima-Stabilisator

"Diese Vorgänge verstärken sich selbst", sagt Chopra. "Wird ein Planet wärmer, entweichen aus den geologischen Formationen Klimagase und es wird noch heißer. Kühlt er ab, entsteht Eis. Eis reflektiert das Sonnenlicht und es wird noch kälter."

CSIRO Parkes Observatory vor dem Sternenhimmel

Wayne England

Die Suche nach außerirdischem Leben verlief bislang erfolglos

Die einzige Chance, diesem Teufelskreis zu entkommen, ist laut den beiden Forschern an Leben gebunden. Die Organismen auf der Erde hätten es geschafft, in den Klimahaushalt einzugreifen und die irdischen Bedingungen zu stabilisierten. Aber das Zeitfenster dafür sei schmal, ungefähr eine Milliarde Jahre veranschlagen die beiden in ihrer Studie.

Gelinge dies innerhalb dieser Zeitspanne nicht, nehme die Entwicklung ihren - meist fatalen - Lauf. Siehe Venus und Mars. "Wenn es auf anderen Planten Leben gibt, dann ist es höchstwahrscheinlich tot", resümiert Chopra.

Gaia und der Flaschenhals

Er und Lineweaver nennen ihr Modell "Gaia Bottleneck" - und nehmen damit Bezug auf eine Idee, die bereits in den 60ern vorgestellt wurde. Damals hatten der Chemiker James Lovelock und die Mikrobiologin Lynn Margulis vorgeschlagen, dass man die Erde und die auf ihr existierenden Pflanzen, Tiere und Mikroben als Superorganismus ("Gaia") betrachten müsse, der sich quasi selbst erhält, indem er für lebensfreundliche Bedingungen sorgt.

Die Idee kam schnell in Verruf, weil sie von der New-Age-Bewegung und allerlei esoterischen Zirkeln aufgegriffen wurde. Gleichwohl hat sie einen nüchternen Kern, den auch andere Wissenschaftler unterstützen.

Der amerikanische Klimaforscher Micheal Mann sagte etwa letztes Jahr in einem ORF-Interview: "Das Leben auf der Erde scheint wie ein Stabilisator auf das Klima zu wirken. Natürlich passiert das nicht, weil das Leben aktiv darüber nachdenken könnte. Es passiert einfach, weil es die Physik und die Chemie auf dem Planeten beeinflusst."

Die Arbeit von Chopra und Lineweaver fügt dem ein Postskriptum hinzu: Vielleicht war das bloß ein großer Zufall. Zumindest ist nicht ausgemacht, dass dieses Kunststück auch auf anderen Planeten gelingt. Die beiden Astrobiologen schlagen vor, auf jungen Exoplaneten nach Lebensformen Ausschau zu halten. Alter: maximal eine Milliarde Jahre.

Robert Czepel, science.ORF.at

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