Nein zur Produktion von weiteren Philosophiewälzern. Ja zur philosophischen Alltagsbetrachtung in Aphorismenform auf 140 Zeichen. Und das im Stundentakt. Rund 20 Kurznachrichten pro Tag hat @NeinQuarterly in den vergangenen vier Jahren im Schnitt auf Twitter gepostet. Mehr als 126.000 Accounts folgen ihm.
Die Entscheidung, den Wissenschaftsbetrieb zu verlassen, bereut der Literaturwissenschaftler Eric Jarosinski, ehemaliger Assistenzprofessor für Germansitik an der University of Pennsylvania nicht. Auch wenn seine Kunstfigur @NeinQuarterly ansonsten vieles bedauert.
Eric Jarosinski ist derzeit in Wien. Morgen, Donnerstagabend, hält er an der Universität Wien einen öffentlichen Vortrag, am Samstag ist er am Wiener Ball der Wissenschaften zu Gast und will sich dort als Live-Chronist versuchen. Im Wiener Funkhaus hat er sich die Zeit genommen, auf einige Fragen seiner Twitter-Follower zu antworten.
@scharlatanja Was sagt er zu einer Stadt, die vom "Schaunmamal" lebt? Und vom "Jo, eh!? Wie soll ein Nein da überleben? @NeinQuarterly
— nomatta_etc (@matahari_etc) 25. Januar 2016
Audio: "Kann mir vorstellen, dass das die Kommunikation erschwert"
Gerne bringt Eric Jarosinski die Philosophie der Frankfurter Schule unter die Twitter-Nutzerinnen und Nutzer, allen voran jene von Adorno: "Das, was ich mit der Philosophie auf Twitter mache, ist keine Popularisierung. Ich glaube es ist vor allem eine Art Entmystifizierung. In dem Sinn, dass es zeigen soll, dass man auch anders mit diesen Denkern umgehen kann und vor allem, dass man keine Angst vor ihnen haben muss. Ich will dazu ermutigen, sich mit ihnen zu beschäftigen."
Ö1-Sendungshinweis:
In der Sendung Wissen aktuell erklärt Eric Jarosinski, warum er dem Wissenschaftsbetrieb den Rücken gekehrt hat.
Theodor Adorno ist der Avatar von @NeinQuarterly. Der Philosoph der Frankfurter Schule beschäftigte sich im US-amerikanischen Exil kritisch mit der dortigen Populärkultur. Unter anderem mit Donald Duck. Fasst man Adornos Sicht salopp zusammen, bereiten dessen Leiden das Publikum auf das Hinnehmen des eigenen Leids vor und führen es in die Passivität.
@scharlatanja wohnt Donald Duck wirklich in Entenhausen?
— vassili (@c_vassili) 25. Januar 2016
Audio: "Adorno und Popkultur, das ist schon ein weites Feld."
Eric Jarosinski hat im Herbst seine erste Aphorismen-Sammlung in Buchform veröffentlicht. Seine Alltagsbeobachtungen in Vier- bzw. Fünfzeilern erscheinen unter anderem in der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“, wo er das politische Alltagsgeschehen kommentiert. Er bezeichnet sich als gescheiterten Intellektuellen und hat die wissenschaftliche Textproduktion an den Nagel gehängt.
@scharlatanja das Leben als gescheiterter Intellektueller ist ein Leben voller Reisen. Wie organisiert er sich, wo arbeitet er?
— Public (@publictorsten) 25. Januar 2016
Audio: "Ich. Und ich mach das nicht besonders gut."
Tanja Malle, Ö1 Wissenschaft