Bronze-Säule als Zentrum des Reichs
"Alle Wege führen nach Rom" - die Herkunft dieses Spruchs ist nicht zur Gänze geklärt. Eine These lautet aber, dass sich der Satz auf das Milliarium Aureum bezieht, eine vergoldete Bronze-Säule, die Kaiser Augustus im Jahr 20 v.Chr. auf dem zentralen Stadtplatz, dem Forum Romanum, aufstellen ließ. In diese Säule waren die Namen aller Provinzhauptstädte des Römischen Reiches mit ihren jeweiligen Entfernungen von Rom eingraviert.
Rom hatte damit ein Symbol für sein Selbstverständnis als Zentrum des Reichs, das immer mehr Menschen anzog und in den Jahren zwischen der Regentschaft des Augustus (27 v.Chr. bis 14 n.Chr.) bis ins 4. Jahrhundert - zumindest laut Meinung der meisten Forscher - die Millionengrenze erreicht, wenn nicht überschritten hatte.
Die Studie:
"All Roads Lead to Rome: Exploring Human Migration to the Eternal City through Biochemistry of Skeletons from Two Imperial-Era Cemeteries, 1st-3rd c AD" ist am 10. Februar 2016 in "PLoS One" erschienen.
Links:
- Kristina Killgrove , University of West Florida
- Janet Montgomery, Durham University
- Isotopenanalyse, Wikipedia
- Augustus, Wikipedia
Bevölkerung Spiegel der Provinzen
Die politischen Voraussetzungen für die Wanderungsbewegung hatte Augustus selbst mit der Pax Romana geschaffen. Im Unterschied zu den voran gegangenen Jahrhunderten herrschte Frieden und Stabilität in Italien und den meisten Provinzen, die ganz Nordafrika, Teile des heutigen Ägypten, Israel, Libanon und die gesamte heutige Türkei umfassten.
Die Bevölkerung Roms spiegelte dieses Riesenreich wieder, wobei laut älteren Studien vor allem die Sklaven die Hauptstadt prägten. Bis zu 40 Prozent der Stadtbewohner waren zur Zeit des Augustus Sklaven bzw. ihre Nachkommen, hieß es.
Für nur rund fünf Prozent der Römerinnen und Römer der damaligen Zeit war freiwillige Zuwanderung verantwortlich. "Über diese Migranten erfährt man relativ viel aus den klassischen Quellen", schreiben die Anthropologin Kristina Killgrove von der Universität West Florida und Janet Montgomery (Durham University), "denn sie waren oft wohlhabende, belesene Männer aus einer gehobenen Schicht. Sie schrieben Briefe und schickten Geld nach Hause."
Auf den Spuren der "niedrigen Klassen"
Wenig hingegen erfährt man vom Leben der niedrigen sozialen Klassen, der Sklavinnen und Sklaven und der verarmten Migrantinnen und Migranten. Um diese Lücke zumindest mit einigen wenigen Beispielen zu füllen, haben sich die beiden Forscherinnen der Isotopenanalyse zugewandt. Anhand von 105 Menschen, die vor rund 2.000 Jahren auf römischen Friedhöfen begraben wurden, untersuchten sie den Anteil von Sauerstoff-, Strontium- und Kohlenstoffisotopen in den Zähnen. Je nachdem, wo eine Person aufgewachsen ist und wovon sie sich ernährt hat, sehen diese Anteile anders aus.
Unter den 105 "Untersuchungsobjekten" waren acht Personen, die nicht aus Rom, sondern aus dem Alpenraum oder Nordafrika stammten, heißt es in der aktuellen Studie. Die meisten von ihnen waren Männer oder Kinder, und die Forscherinnen nehmen aufgrund der Bestattungsart an, dass sie verarmt oder Sklaven waren.
Warum sich so wenige Frauen unter den untersuchten Skeletten befanden, können die Forscherinnen nicht eindeutig beantworten. Ihre These: Möglicherweise wurde vielen von ihnen nicht einmal eine Bestattung an einem als Friedhof erkenntlichen Ort zu Teil.
Ernährung und Bestattung angepasst
Bei den acht zugewanderten Personen konnten eindeutige Spuren einer Anpassung nachgezeichnet werden, vor allem, was die Ernährung betrifft: Sie veränderten ihre Essensgewohnheiten hin zu römischen Gebräuchen mit viel Weizen und ein bisschen Gemüse, Fleisch und Fisch. Begraben wurden sie in der gleichen Haltung wie angestammte Römer, es gab keine besonderen Grabbeigaben, so die Studie.
Trotz der Informationen, die Kristina Killgrove und Janet Montgomery durch die Isotopenanalyse gewinnen konnten, bleiben noch viele Fragen offen: Waren die Menschen tatsächlich Sklaven oder freiwillige Einwanderer? Was ist mit den Frauen passiert, warum wurden Kinder nicht mit ihren Müttern bestattet? An weiteren Antworten soll gearbeitet werden.
Elke Ziegler, science.ORF.at