Einfacher, schwerer sowie gewerbsmäßiger Betrug nach Paragraph 146 bis 148 des Strafgesetzbuchs - so lautet der Vorwurf von Global 2000. Angezeigt werden die europäische Muttergesellschaft der Monsanto G.m.b.H. - stellvertretend für jene 22 Unternehmen, die die Neuzulassung von Glyphosat beantragt haben, weiters die europäische Agentur für Ernährungssicherheit EFSA - sie hat der Kommission die Neuzulassung empfohlen -, und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, auf dessen Einschätzung sich die EFSA stützt.
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Darüber berichtet auch das Morgenjournal am 2.3. um 7:00.
Global 2000 hat sich zu der Anzeige entschlossen, nachdem vergangene Woche offiziell wurde, dass ein Expertenkomitee bereits Anfang März entscheiden wird, ob Glyphosat für weitere 15 Jahre in Europa zugelassen werden soll. Die aktuelle Zulassung läuft im Juni dieses Jahres ab.
Zweifel an Wissenschaftlichkeit
Wie andere Nichtregierungsorganisationen und manche Politiker bezweifelt Global 2000 die Wissenschaftlichkeit der Bewertung der Substanz und hat deshalb jetzt zu dem drastischen Schritt gegriffen.
Helmut Burtscher von Global 2000 beschreibt das aus seiner Sicht betrügerische Verhalten von Monsanto: "Der Konzern hat für die Zulassung von Glyphosat Krebsstudien eingereicht, die nicht nach den empfohlenen Auswertungsverfahren durchgeführt wurden. Dadurch wurden in vier von fünf dieser Studien statistisch signifikante Krebswirkungen, die von der WHO-Krebsforschungsbehörde IARC auch als solche erkannt wurden, als nicht vorhanden dargestellt." Und sowohl das BfR als auch die EFSA hätten diese Einschätzung "blind übernommen".
"Kein Expertenstreit"
Die beiden Behörden haben laut Burtscher versucht, die unterschiedlichen Einschätzungen mit einem reinen Expertenstreit abzutun. Nach dem Motto: "Da sind sich die Wissenschaftler wieder einmal nicht einig. Die WHO sagt das eine, und die Spezialisten in der europäischen Union sagen das andere. Nur: Das war kein Expertenstreit", so der Umweltchemiker.
Fachlich untermauert wird die Anzeige von der Analyse eines deutschen Toxikologen, derzufolge die Behörden die Krebseffekte verschleiert haben, indem sie Tatsachen verdreht und die Daten nicht den Richtlinien entsprechend ausgewertet hätten.
Burtscher erklärt die Vorgangsweise mit einem Gleichnis: "Man kann das gut mit dem Ententest erklären: Wenn etwas aussieht wie eine Ente, wenn etwas schnattert wie ein Ente, wenn etwas watschelt wie eine Ente und wenn es schwimmt wie eine Ente, dann ist man als Wissenschaftler gut beraten zu sagen: Das ist eine Ente! - Solange bis das Gegenteil bewiesen ist. Was die EFSA gemacht hat: Sie hat gesagt, die Ente ist eine Katze."
Daten offenlegen
Die Anzeige wurde bei den Staatsanwaltschaften in Wien und Berlin eingebracht. Das ist laut Josef Unterweger, Rechtsanwalt von Global 2000, möglich, da die Causa Glyphosat die gesamte Europäische Union betrifft: Also ist jeder Mitgliedsstaat Tatort. Die beiden Staatsanwaltschaften müssen den angezeigten Sachverhalt auf seine strafrechtliche Relevanz prüfen.
Worauf hofft die Umweltorganisation nun? "Wir erwarten, dass sich die Staatsanwaltschaften den Sachverhalt genau anschauen", so Burtscher. "Sie könnten z.B. fordern, dass alle noch immer von der Industrie unter Verschluss gehaltenen Studiendaten offengelegt werden müssen, damit sie von unabhängigen Stellen ausgewertet werden können."
Monsanto reagierte in einer ersten Stellungnahme auf die Vorwürfe: "Wir distanzieren uns von medienwirksam inszenierten Diskussionen, die die Verunsicherung der Verbraucher zur Erreichung politischer Interessen zum Ziel haben. Wir fordern eine sachliche Diskussion auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. Wir werden unserer Verantwortung nachkommen und vermeintliche Anklagepunkte analysieren. "
Eva Obermüller, science.ORF.at
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