Entdeckt wurde die Kosmische Strahlung 1912 vom österreichischen Physiker Victor Franz Hess (1883-1964), er erhielt dafür 1936 den Nobelpreis. Heute weiß man, dass es sich dabei um geladene Teilchen, Wasserstoff- und Heliumkerne, Elektronen und Kerne anderer Elemente handelt, die aus dem Weltall kommend auf die Erdatmosphäre treffen. Je nachdem, woher sie stammen und wie sie beschleunigt wurden, haben sie eine unterschiedliche Energieverteilung.
Die Studie in "Nature":
"Acceleration of petaelectronvolt protons in the Galactic Centre" von der HESS Collaboration, erschienen am 16. März 2016.
"Pevatron"
Die meisten energiearmen Teilchen stammen von der Sonne. Als Quelle energiereicher Protonen in unserer Galaxie wurden erst vor wenigen Jahren Supernovaüberreste identifiziert. Bei diesen Sternexplosionen werden die Teilchen auf bis zu 100 Teraelektronenvolt (100 Billionen Elektronenvolt, eV) beschleunigt. Zum Vergleich: Ein Photon des sichtbaren Lichts hat die Energie von etwa einem eV, im Teilchenbeschleuniger des Europäischen Labors für Teilchenphysik CERN in Genf prallen Protonen mit 13 Teraelektronenvolt (eine Billion eV) aufeinander.
"Aus der Theorie und bestimmten Messungen wussten wir, dass es in der Milchstraße zumindest eine Quelle geben muss, die Protonen noch 1000 Mal stärker beschleunigt, auf eine Energie von Petaelektronenvolt", erklärte Olaf Reimer vom Institut für Astro-und Teilchenphysik der Universität Innsbruck im Gespräch mit der APA. In Anlehnung an den US-Teilchenbeschleuniger "Tevatron", mit dem der Mensch erstmals Teilchen auf Teraelektronvolt-Energie brachte, nennen die Forscher diesen ominösen kosmischen Beschleuniger "Pevatron".
Durch langjährige Beobachtung mit dem H.E.S.S.-Teleskop (High Energy Stereoscopic System) in Namibia konnten die Wissenschaftler nun erstmals ein solches "Pevatron" identifizieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um das supermassive Schwarze Loch "Sagittarius A*" im Zentrum unserer Galaxie. H.E.S.S. wird von Forschern aus 42 Instituten und Universitäten aus zwölf Ländern, darunter Österreich, betrieben.
Direkter Blick ins Weltall
Die Herkunft der Kosmischen Strahlung zu ermitteln, ist gar nicht so einfach. Denn auf ihrem Weg durch das All werden die geladenen Teilchen von verschiedensten Magnetfeldern abgelenkt. In bestimmten Fällen können die Teilchen aber in der Nähe ihres Entstehungsorts mit anderen Teilchen oder Molekülen zusammenstoßen oder anders wechselwirken. Dabei entsteht Gammastrahlung, die auf ihrem Weg durchs All nicht abgelenkt wird. Die Gammastrahlen gestatten damit "einen direkten Blick in die 'Küchen' der Hochenergiephysik im Weltall", so Reimer.
Auf der Erde lässt sich diese Gammastrahlung nur indirekt nachweisen. Sobald sie auf die Luftmoleküle der Erdatmosphäre trifft, bilden sich nicht nur zahlreiche neue Teilchen, sondern auch schwache bläuliche, extrem kurze Lichtblitze, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Das derzeit empfindlichste Instrument zur Erfassung dieser Lichtblitze, das sogenannte Tscherenkow-Licht, ist das aus vier großen Spiegelteleskopen bestehende H.E.S.S..
Quellen der Beschleunigung
"Über zehn Jahre hinweg haben wir so sehr viele Hinweise auf Photonen im Hochenergie-Gammabereich aus dem Zentrum der Galaxie bekommen", sagte Reimer. Der Ursprung der Teilchen konnte auf eine Region mit nur rund 30 Lichtjahren Ausdehnung eingeschränkt werden. Dieser innerste Bereich der Milchstraße beherbergt zahlreiche verschiedene Objekte, die als Superbeschleuniger in Frage kommen, "da gibt es einen Supernovaüberrest, einen offenen Sternenhaufen, Pulsare und das supermassive Schwarze Loch, das die wahrscheinlichste Quelle der Petaelektronenvolt-Protonen ist", sagte Reimer.
"Sagittarius A*" und die Materieverteilung in der Region liefern plausible Erklärungen für die beobachteten Phänomene. Demnach stoßen die vom Schwarzen Loch auf hohe Energien beschleunigten Protonen mit Molekülwolken zusammen und erzeugen dabei die über das Tscherenkow-Licht beobachtete Gammastrahlung. Weil die Protonen eine bestimmte Zeit vom Ort der Beschleunigung bis zu diesen Materiewolken benötigen, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass das Schwarze Loch über einen Zeitraum von mindestens 1.000 Jahren als Beschleuniger aktiv ist.
Die Messungen zeigen allerdings, dass "Sagittarius A*" nicht allein für den gesamten auf der Erde registrierten Fluss der hochenergetischen Kosmischen Strahlung verantwortlich sein kann. Sollte das Schwarze Loch aber in der Vergangenheit aktiver gewesen sein, dann könnte es tatsächlich für die gesamte galaktische Kosmische Strahlung im Energiebereich von Petaelektronenvolt verantwortlich sein, spekulieren die Wissenschaftler.
science.ORF.at/APA