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DNA-Stränge vor buntem abstrakten Hintergrund

Neues Service für personalisierte Krebstherapie

Krebspatienten und -patientinnen individueller behandeln – das wollen Forscherteams weltweit. Nun hat der Pharmakonzern Roche in Wien seine Methode vorgestellt: eine Kombination aus Genanalyse und Bioinformatik.

Medizin 07.04.2016

Der Schweizer Pharmakonzern ist mit dem US-Unternehmen Foundation Medicine eine Partnerschaft eingegangen und bietet das neue Sequenzier- und Datenbankservice ("FoundationOne") für auf die Therapie von Krebs spezialisierte Zentren an.

315 Gene werden sequenziert

Das System ist quasi die industrielle Anwendung von Techniken, die in der akademischen Wissenschaft in der Onkologie zunehmend etabliert worden sind: Eine Tumorprobe des jeweiligen Patienten wird an das Unternehmen geschickt. Dort findet die Sequenzierung von 315 Genen auf mögliche Mutationen statt.

Die erhaltenen Daten werden mit derzeit rund 70.000 Tumorfällen verglichen, um den vorliegenden Tumor genauer zu charakterisieren. Gleichzeitig erfolgt in Gen- und Wissenschaftsdatenbanken eine Suche nach Hinweisen auf die optimale medikamentöse Therapie.

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Dem Thema widmeten sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 7.4., 13:55 Uhr.

"Das führt zu einem individuellen Befund. So etwas hat in der Vergangenheit Monate gedauert. FoundationOne schafft das in zwei Wochen", sagte Roche Austria-Geschäftsführer Wolfram Schmidt bei einem Pressegespräch in Wien.

Nicht für alle Patienten

Die Untersuchung kostet derzeit 4.300 Euro. Während die Kosten für das Sequenzierung von DNA ständig sinken, vervielfacht sich das über Tumorerkrankungen vorhandene Wissen weltweit ständig. "Wir haben derzeit rund 300 Medikamente zur Behandlung von Krebs zur Verfügung. Etwa 900 Medikamente sind in Entwicklung", sagte der Salzburger Onkologe Richard Greil.

Derzeit kommt das System noch nicht für jeden Krebspatienten in Betracht. Es soll zunächst vor allem bei Kranken mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom im Stadium IV, Patienten mit seltenen Tumorerkrankungen oder Kranken, bei denen die Leitlinien-gerechten Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind, Verwendung finden.

Bei mehr als 80 Prozent der untersuchten Gewebeproben ließen sich mit dem System Charakteristika der Krebszellen identifizieren, die für die Anwendung eines spezifischen und mit hoher Wahrscheinlichkeit wirksamen Arzneimittels sprechen, betonte Greil.

EDV-Systeme geben Rat

Der Clou liege aber auch in der Datenbankanalyse und in dem vom dem US-Unternehmen auf fundierter und validierter Basis erstellten Therapievorschlags. Bei derzeit 300 vorhandenen Krebsmedikamenten bedeutet eine Kombination von zwei Substanzen schon 45.000 mögliche Behandlungsstrategien, aus denen die optimale ausgesucht werden sollte.

Bei Dreifachkombinationen sind es schon 4,5 Millionen Möglichkeiten. Das lässt sich nur noch via EDV-Expertensystemen überblicken. Das Produkt des US-Unternehmens ist selbst lernend und soll in Zukunft laufend ausgebaut werden.

science.ORF.at/APA

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